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Ibiza-Stadt

Editorial von Dieter Abholte: Wie ich es sehe …

Der Chefredakteur von IbizaHEUTE schreibt über den Wahnsinn im August auf Ibiza. Über den Massen-Tourismus, über leichtsinnige Autofahrer, über Wasser und Wasserverschwendung – und Politiker, die dem allen hilflos gegnüberstehen…

Liebe Leser,

Dieter Abholte

es ist Mitte August – und die Inseln kommen mal wieder an ihre Grenzen – vor allem Ibiza. Obwohl die Meerwasser-Entsalzungs-Anlagen mit Höchstleistung arbeiten, ist das Trinkwasser auf der Insel knapp. Und das hat Folgen. So war eine der Wohnanlagen mit fast 50 Häusern in Jesús tagelang ohne Wasser. Da kam zeitweise kein Tropfen aus dem Wasserhahn.

Die Gemeinde Santa Eulària schickte an die 50 Briefe an Hotels, Urbanisationen, Betriebe und mahnte an: Sie verbrauchen zu viel Wasser. Die festgelegte Regel: nicht mehr als 250 Liter pro Person und Tag. Die Drohung: Bei zu hohem Verbrauch wird ihr Wasserzufluss reduziert! Das mag bei Wohnanlagen wie in Jesús funktionieren, aber wie soll die Gemeinde den Hotels den Hahn zudrehen? Wie privaten Haushalten oder an Touristen vermietet Wohnungen? Von Hotels würden wütende Proteste kommen, würden Touristen Schadenersatz fordern. In privaten Haushalten ist die Kontrolle unmöglich.

Natürlich wird viel, viel Wasser auf Ibiza verschwendet. Da laufen die Bewässerungsanlagen in den Gärten der Villen – aber auch in den Hotelanlagen. Ich würde sagen, dass jedes zweite Hotel noch immer wasserfressende Rasenflächen stundenlang gießt und gar nicht daran denkt, einen wassersparenden Hotelgarten anzulegen. Die Verpflichtung dazu wäre übrigens ein guter Ansatzpunkt für die Verwaltung: Keine Betriebsgenehmigung mehr für Hotels, die Wasser für Rasen und Co. verschwenden. Dazu kommt, dass noch immer Tausende Liter kostbares Wasser aus maroden Leitungen im Erdboden versickern. Da ist die Politik gefragt, mal wieder.

Der August ist auch auf anderen Ebenen ein Horror-Monat. Waren Sie einmal länger mit dem Auto auf Ibiza unterwegs? Dann haben Sie bestimmt öfter als einmal den Kopf geschüttelt oder erschreckt die Luft angehalten, wenn einer der Leichtlinkskandidaten im Gegenverkehr überholte. Motorräder rechts und links an ihnen vorbeischossen. „Es ist nur noch verrückt, was auf den Straßen los ist“, stöhnte ein Freund, der um Haaresbreite einem schweren Unfall entging.

Es ist der Wahnsinn des Augusts auf Ibizas Straßen. Autofahrer, nicht selten mit italienischen Nummern, rasen und überholen, als gäbe es auf der Insel keine Gesetze. Motorradfahrer drehen auf und fahren in der Straßenmitte in der Zone zum Gegenverkehr. Junge Leute auf den Leih-Motorrollern zeigen ihren Begleiterinnen, welch coole Typen sie sind, wenn sie sich auf der Fahrt zum Strand an den Autos vorbeidrängen.

Das Grundproblem, für das alles heißt: Ibiza ist zu voll! Viele Touristen verbrauchen viel Wasser. Viele Touristen sorgen für volle Straßen. Viele Touristen bedeuten auch wenige und teure Wohnungen für die Insulaner, hohe Preise in Restaurants und Supermärkten. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Hieß es nicht im Frühjahr von oberster politischer Stelle, dass man gerade im August den Massen-Tourismus begrenzen würde? Gab es nicht sogar Pläne, die Zahl der Autos, die auf die Fähre nach Ibiza dürfen, zu reduzieren? Passiert ist da – nichts!

Ich bin überzeugt: Auch im kommenden Jahr wird nichts passieren. Da, so befürchte ich, helfen selbst die Proteste auf den Inseln gegen den Massen-Tourismus und die damit verbundenen Probleme wenig. Die Politiker diskutieren, versprechen Abhilfe, sagen: „So kann es nicht weitergehen!“ Treten aber nicht wirklich auf die Bremse. Ich befürchte, im nächsten August stehen wir vor dem gleichen Problem.

Mit dem Problem stehen Ibiza und Formentera nicht alleine da. In Kroatien bringt der Massen-Tourismus Armut für viele, die dort leben. Sie können die durch den Tourismus gestiegenen Preise und Mieten nicht mehr zahlen. Venedig nimmt Eintrittsgelder. Der Bürgermeister von Barcelona will alle legalen Ferien-Vermietungen verbieten. Ein Politiker der radikalen rechten Partei VOX hat verkündet, dass die Mallorquiner nicht davon ausgehen können, im Sommer noch Platz am eigenen Strand zu haben…

Das Dilemma ist groß. Die Inseln stöhnen unter dem Massen-Tourismus. Aber der füllt die Kassen. Rund 50 % des Insel-Reichtums kommen vom Tourismus. Ich denke, es wird noch mehr sein, wenn man Unternehmen wie die Baubranche, die Fähren, die Tankstellen, Supermärkte, Busbetriebe und Co. dazurechnet. Der Tourismus ist Fluch und Segen zugleich. Zurzeit leider mehr Fluch als Segen. Fragen Sie mich nicht nach einer Lösung. Ich weiß keine. Wenigstens keine, die allen gerecht wird.

Aber ich weiß, wo meine Restaurants sind, wo Preis und Leistung stimmen. Ich weiß, wo ich trotz Massen-Tourismus meinen romantischen Strand finde. Und ich weiß, wo ich beim Ausflug auch im August das Ibiza erlebe, was ich liebe. Sie lesen es im Magazin von IbizaHEUTE und auch hier bei IbizaHEUTE.-Online. Glauben Sie mir, Ibiza und Formentera können auch im knallvollen August noch wunderbar sein.

Heute Nachmittag stelle ich Ihnen den Lieblingsstrand unseres Fotografen Rüdiger Eichhorn vor, wo selbst im knallvollen August wenig los ist. Dort erleben Sie Sonne, Strand und Meer pur und ohne Geruch nach diversen Sonnencreme und Musik-Beschallung…

Herzlichst, Ihr Dieter Abholte



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