Liebe Leser,
ich freue mich, mal wieder Gutes über Ibiza berichten zu können. Sie haben es vielleicht gestern in unseren aktuellen Nachrichten gelesen: Im Feuchtgebiet Ses Feixes, nahe der Talamanca, wurde ein Turm zur Vogelbeobachtung errichtet, es ist schon der Zweite. Endlich erhält das historische Gebiet die Beachtung, die es verdiente. Ses Feixes war in arabischer Zeit und auch bis ins späte Mittelalter der Gemüsegarten der Inselhauptstadt. Über ein durchdachtes Bewässerungs-System, das durch eine Süßwasser-Quelle versorgt wurde, verwandelten die Araber schon vor mehr als 1000 Jahren Ses Feixes in ein grünes Paradies. Die Tore aus arabischer Zeit sind noch Zeugen dieser einmaligen Leistung. Die Kanäle leiteten das Wasser auf die Felder. Wenn zu viel Wasser da war, etwa durch heftigen Regen, sorgten Schleusen dafür, dass das Wasser ins Meer abgeleitet werden konnte, bevor die Felder unter Wasser standen und die Ernte verloren war.
Was danach kam, kann man nur als Schande bezeichnen. Die Inhaber der Felder und auch die zuständigen Rathaus-Regierungen (Eivissa und Santa Eulària) ließen Sex Feixes verkommen. Illegal wurde Schutt abgeladen. Menschen bauten sich dort primitive Behausungen und warfen ihren Abfall in die Kanäle. Es stank zum Himmel. Und nicht zuletzt waren Spekulationen nicht schuldlos an der Verwahrlosung des einst fruchtbaren Gebietes. Die Rechnung war so hinterhältig wie berechnet: Je mehr Ses Feixes verkommt, umso eher wird das stinkende Gebiet als Bauland freigegeben. Die Gemeinden sind dann froh, wenn der Schandfleck verschwindet und dort Hotels und Clubs gebaut werden.
Diese Rechnung ging nicht auf: Ses Feixes gehörte als Teil zum Weltkulturerbe und musste in das Naturschutzprogramm aufgenommen werden. Gebaut werden konnte dort nicht mehr, aber sonst änderte sich nicht viel. Zumindest nicht zum Besseren. Menschen bauten sich dort noch mehr Hütten. In den Kanälen schwammen Autoreifen, auch tote Fische, der Landstrich verkam weiter, wurde zum Mücken-Paradies. Es war ein trauriger Anblick, wenn ein weißer Reiher im stinkenden Wasser nach Nahrung suchte.
Ich habe vor mehr als zehn Jahren versucht, mit einer neu zu gründeten Umweltstiftung Ses Feixes zu retten. Zusammen mit einem sehr vermögenden Geldgeber wollten wir Grundstücke dort erwerben und sie wieder in fruchtbare Gärten verwandeln. Nicht zuletzt, um auch für die Kinder der Insel ein Stück ihrer Geschichte zu erhalten. Sie hätten dort lernen können, wie man Felder bestellt, wie man erntet, wie wichtig die Erhaltung der Natur für Ibiza ist. Das Projekt scheiterte leider, weil zugesicherte Gelder nicht eintrafen. Schade. Wir hatten damals viel, viel Arbeit und Hoffnung in das Projekt investiert …

Umso mehr freut es mich, dass sich nun endlich etwas in Ses Feixes tut. Die Vogelbeobachtungs-Türme sind ein erster Schritt. Weitere werden folgen, davon bin ich überzeugt. Ein Teil der Kanäle wurde schon gereinigt. Das für das 15.000 Quadratmeter große Arenal zuständige Rathaus von Eivissa will „Ses Feixes als einzigartiges Ökosystem stärker gerecht werden“ als bisher. Umweltschützer hoffen, dass weitere Initiativen folgen. So könnte der Schandfleck der Insel wieder zum Schmuckstück und zum Teil der lebenden Geschichte der Insel werden.
Und Investoren, die bisher noch immer hofften, Ses Feixes in eine Hotel-Landschaft zu verwandeln, können ihre Hoffnungen endgültig begraben. Und das ist gut so. Es hätte natürlich schon 15 oder 20 Jahre früher so sein sollen. Aber auch auf Ibiza dauert es halt länger, bis sich Einsicht durchsetzt.
Das Editorial von heute schreibe ich übrigens aus der Ferne. Ich war über den Jahreswechsel ein paar Tage in Hamburg. Da scheint heute übrigens mal wieder die Sonne. Ich wusste gar nicht, dass es sie noch gab. Viele Tage wurde es nicht richtig hell, dafür gab es Sturm, Nieselregen und Sturmfluten im Elbegebiet. Sie können sich vorstellen, wie ich mich wieder auf Ibiza freue. Gut, ab heute erwischt uns die Kaltfront, die der stramme Nordwind mit sich bringt, aber die 14 Grad Höchsttemperatur sind mir lieber als die minus 3 Grad in Hamburg, wo sich auch am Montag wieder die Sonne verabschiedet. Aber dann bin ich ja wieder auf der Insel und treffe mich mit Freunden in einem der Strandrestaurants, genieße das Glas Wein und den Blick auf das Meer und den blauen Himmel.
Ich freue mich darauf und hoffe, Sie alle verbringen einen schönen Sonntag. Ganz gleich, ob auf den Inseln oder weiter nördlich in Europa.