Dies Frage stellt sich IbizaHEUTE-Leser Volker Heinrichs bei einer Mail an unseren Chefredakteur Dieter Abholte. Er stellte die Frage, die auch Dieter Abholte bei seinem Editorial am Sonntag stellte: Rächen sich hohe Preise, immer mehr Luxus und die Gier nach dem schnell verdienten Geld?
Volker Heinrichs ist damit einverstanden, dass seine Meinung hier veröffentlicht wird. Hier seine Mail, die das widerspiegelt, was wir immer öfter von unseren Lesern hören und was sie belastet.
Hallo Herr Abolte,
wir kommen gerade, nach 3 Wochen auf Ibiza, zurück nach Hause und haben die Hauptsaison erlebt. Ende Mai waren wir bereits eine Woche auf der Insel und überrascht, wie voll schon alles war. Darum waren wir sehr gespannt, wie es wohl dieses Jahr in der „High-Season“ sein wird. Unser Fazit: Überall war es erschreckend leer.
Wir hatten uns schon vorher gefragt: Wo sollen z. B. all die Besucher herkommen, die neben den bereits bekannten Locations auch noch einen riesigen neuen Club mit 10.000 Gästen füllen?
Abel Matutes sagte bei der Eröffnung der neuen Ibiza Gallery: „Wir wollten Platja d’en Bossa zu einem Luxusziel machen, bei dem die Qualität vor Quantität steht. Deshalb haben wir die Zahl der Hotelzimmer um 20 bis 30 Prozent reduziert.“
Also den normalen Tourismus reduzieren und den für die Oberschicht ausbauen.
Aber wo soll diese riesige Anzahl vermögender Gäste herkommen? Die wollen sicher nicht immer nur nach Ibiza, wenn Orte wie Mykonos, Saint-Tropez, Marbella, Monaco, Dubai und weitere außereuropäische Ziele ebenfalls genau dieses Klientel anlocken.
Die „Mittelschicht“ ist auf Ibiza scheinbar immer weniger erwünscht. Wohnwagen-Touristen, Mietwagen, AirBnB… Alles wird beschränkt. DJs am Strand für jedermann? Plötzlich verboten! Kurtaxe rauf, Lebensmittelpreise, Restaurantpreise, Hotelpreise explodieren.
Wir haben erstmals gesehen, wie sich das nun rächt: In jedem Restaurant, das wir besucht haben, klagte das Personal über wegbleibende Gäste. Die Playa den Bossa war sonst abends mit Menschenmassen überlaufen. Hier herrschte plötzlich gähnende Leere.
Schon in der zweiten Woche nach der Eröffnung haben wir kaum Besucher in der neuen, luxuriösen „Ibiza Gallery“ gesehen. Im Amnesia und Hi fehlen ebenfalls die feiernden Partypeople, weil alle ins riesige neue UNVRS gehen oder früh abends Open Air ins Ushuaïa. Da bleiben für die restlichen Clubs kaum noch Gäste über.
Und dann sanken im Pacha die Getränkepreise und man bekommt jetzt ein Bier und Softdrinks für 8 Euro. Das hat es seit 20 Jahren nicht gegeben – und wurde sicher nicht gemacht, weil es so gut läuft.
Wenn der „Neuheitsbonus” vom UNVRS weg ist und der riesige Raum nur noch halb voll, werden auch die VIP-Gäste sagen: “Da brauchst du nicht hin, da ist nichts mehr los”. Genau das war damals der Grund, warum das Privilege bzw. Ku auf Dauer nicht funktionierte: Der Club ist einfach vollkommen überdimensioniert.
Uns ist aufgefallen, dass auch an den Stränden die teuren Liegen und Betten nur noch zur Hälfte belegt waren. Sogar in Dalt Villa blieben abends in den Restaurants viele Plätze leer. Vergangenes Jahr wurde man dort noch durch die Gassen geschoben. Jetzt überall schwach besuchte Geschäfte und wartende Gastronomen.
Wenn Ibiza die Durchschnittstouristen nicht mehr will, gibt es genug andere Ziele in Europa, die sie mit offenen Armen empfangen.
An der Wand am Eingang des Kult-Hotels „Pikes“ steht in großen Buchstaben: “VIP IS A LOOSER CONCEPT“. Das scheint sich gerade zu bewahrheiten: An den Taxiständen waren plötzlich keine langen Schlangen mehr. Unser Fahrer sagte, so etwas hätte er seit Corona nicht mehr erlebt: 50 % weniger Touristen als sonst.
Hochmut kommt immer vor dem Fall, und das könnte eine lehrreiche Erfahrung werden, die evtl. auch Probleme löst. Es kommen weniger Touristen. Das senkt automatisch die Preise und steigert die Qualität. Mehr Wohnraum für die Einheimischen wird frei. Und eventuell denkt man darüber nach, ob wirklich alle der vielen neuen Verbote von Dingen, die Ibiza früher geprägt und so attraktiv gemacht haben (Musiker und DJs in Strandbars z. B.), wirklich eine solche gute Idee waren…
Beste Grüße, Volker Heinrichs



