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Ibiza-Stadt

Editorial von Dieter Abholte: Wie ich es sehe …

Der „Fall Cala Martina“, die abgelaufene Saison und die weiterhin illegale Vermietung, die den Vermietern steuerfreie Millionen bringt – aber Umwelt und Ibiza und Formentera schädigen.

Liebe Leser,

Dieter Abholte

was bei der Auseinandersetzung zwischen Gästen und dem Koch im Restaurant Cala Martina geschah, wird aus der Sicht der Beteiligten jeweils anders geschildert und wird wohl erst das Gericht klären müssen. Der Stand jetzt ist ein „schwebendes Verfahren“, über das man als Presse erst dann wieder berichten darf und sollte, wenn der Fall vor Gericht ist – und der Richterspruch gefallen ist. Daran werden wir uns halten und uns an keiner Spekulation beteiligen. Wir selbst waren oft und gern Gast an dem schönen Ort am Meer und haben dort auch mehrfach unseren IbizaHEUTE-Feinschmecker-Treff veranstaltet. Und so wird es auch bleiben. Nicht zuletzt ist das Restaurant eines der wenigen, die das ganze Jahr für die Gäste geöffnet ist und nicht – wie viele – nach der Saison schließt.

Wie war sie, diese Saison 2024? Ein klares Bild gibt es bisher nicht. Wieder Rekordzahlen von Touristen auf der einen Seite, zum Teil halb leere Restaurants der gehobenen Preisklasse. Auch die Hotels sind nur teilweise ganz zufrieden. So manch einer der mit fünf Sternen ausgezeichneten Nobel-Adressen lockte im sonst stark ausgebuchten August mit Sonderangeboten. Natürlich schreckte der Blick auf die Übernachtungspreise so manchen Gast ab. Wenn die bei 600 Euro pro Übernachtung beginnen, tut sich manch einer mit der Buchung schwer. Aber dann bleibt die Frage: Wo waren die Millionen von Touristen untergebracht, die auf dem Flughafen von Ibiza landen oder per Fähre kamen? Wo haben Sie gewohnt, wo gegessen?

Reichlich wohl viele von ihnen wieder in illegal vermieteten Touristenunterkünften. Und statt des teuren Restaurants reicht dann auch die Pizzeria, das preisgünstige Hamburger-Restaurant oder der Einkauf bei Lidl als Selbstversorger. Massentourismus ist billiger Tourismus. Wenn auf die 170.000 Einwohner Ibizas 3,4 Millionen Touristen kommen, wie im vergangenen Jahr – vorwiegend Juli und August – belasten sie die Insel. Sie verbrauchen Wasser und Energie, produzieren Abfall und Abwässer, die die Kläranlagen kaum bewältigen können. In der Wohnanlage in Jesús, wo ich lebe, waren viele der Häuser über Tage und Wochen ohne ausreichendes Wasser. Da mussten Tankwagen den Bedarf mühsam decken. Aus dem Hahn kam – über Tage – kein einziger Tropfen.

An einem solchen Tourismus verdienen vor allem die illegalen Vermieter. Ich kenne ein Apartmenthaus an der Hafen-Promenade. Rund 100 Wohnungen gibt es dort. Davon ist grob geschätzt die Hälfte an Touristen vermietet. Illegal natürlich, denn Vermietung an Touristen ist auf Ibiza bei Mehrfamilienhäusern strikt untersagt. Die Inselregierung hat Kontrolleure eingesetzt und verkündet auch alle paar Wochen Erfolge gegen illegale Vermieter und nennt die Strafen, die auch mal 100.000 Euro oder mehr erreichen. Doch dabei wird nur die Spitze des Eisbergs aufgedeckt. „Auf einen, der als illegaler Vermieter auffliegt, kommen 1000, die nicht auffliegen und weiter kassieren“, heißt es in der Branche, und das kommt wohl hin. Dabei geht es um hohe Millionensummen. Die wandern unversteuert in die Taschen der Vermieter. Die dort wohnen, zahlen keine Touristen-Steuer, kein Geld für das Mehr an Abfallbeseitigung oder Wasserverbrauch. Diese Kosten trägt die Gemeinschaft der legalen Mieter und die Gesellschaft.

Und es ist auch einfach, illegale Vermietung zu verschleiern. Erzählt der illegale Mieter bei einer Kontrolle, dass er ein Freund des Vermieters sei und ohne Geld dort wohne, müssen die Kontrolleure abziehen. Wenn, ja, wenn sie überhaupt in die Wohnung kommen. Denn nach spanischem Recht muss niemand jemanden in seine Wohnung lassen und Fragen beantworten. An der Wohnungstür enden selbst die Rechte der Polizei. Danach wird jede Aktion zum Hausfriedensbruch …

Wir haben in IbizaHEUTE oft darüber geschrieben. Dieses „Recht“ gilt für illegale Mieter genauso wie für Hausbesetzer.

Wie kommt man aus diesem Teufelskreis raus? Ohne Änderung der Gesetze kaum. Und sollten die wirklich in Angriff genommen werden, wird es noch lange dauern, bis sie verwirklicht werden. Wir müssen wohl weiter mit diesem Schatten-Tourismus leben, der die Insel und die Umwelt belastet. Aber das wird wohl wieder erst im nächsten Sommer so sein. Bis dahin können wir Ibiza und Formentera genießen. Freuen wir uns auf die jetzt ruhigere Zeit auf unseren Inseln. Denn Ibiza und Formentera sind im Herbst, Winter und Frühjahr besonders schön. Und ich rate Freunden und Bekannten: Kommt in der Nebensaison auf die Inseln. Dann erlebt ihr Ibiza und Formentera mit all ihrer Ursprünglichkeit – Inseln, die man einfach lieben muss …

Herzlichst, Ihr Dieter Abholte



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