Spannende Tage liegen hinter uns. Der spanische Regierungschef Pedro Sanchéz hatte am Mittwoch ankündigt, er müsse nachdenken und entscheiden, ob er sich aus der Politik zurückziehe. Am Montag kurz nach 11 Uhr war die Krise vorbei: Er bleibt.
Kampf gegen Sumpf
Der seit knapp sechs Jahren regierende Sozialist beschrieb die vergiftete politische Atmosphäre in Spanien mit nicht hinnehmbaren Folgen für seine Familie als beunruhigte Privatperson. Als verantwortungsvoller Ministerpräsident verkündete er im Anschluss, dass er weitermachen werde, auch um den „politischen Sumpf“ zu bekämpfen.
Dieser Sumpf sind Hetzjagden und persönliche Angriffe konservativer und ultrarechter Kreise, bei denen sogar stellvertretend Puppen verbrannt werden, und die vor bodenlosen Verunglimpfungen nicht zurückschrecken.
„Manos limpias“ und die Justiz
Eine selbsternannte rechtslastige Beamten-Gewerkschaft, „Manos limpias“ (Saubere Hände) ist seit Jahren darauf spezialisiert, mit Dossiers aus Presseartikeln Politiker, Richter und Privatpersonen der Korruption und anderer Delikte zu beschuldigen. Viele Gerichte lehnen diese Versuche, Persönlichkeiten und ihr Umfeld zu diskreditieren, wegen Mangels an Beweisen ab. Am Mittwoch hat ein Richter die Anzeige gegen Sánchez‘ Ehefrau angenommen. Das war der Auslöser für den plötzlichen Rückzug.
Ehefrau angeblich belastet
Es war ein neuer Versuch von „Manos limpias“, die Ehefrau des sozialistischen Ministerpräsidenten, Begoña Gómez, der Korruption und Einflussnahme in der Wirtschaft zu beschuldigen. Die Kläger gaben anschließend zu, dass sich die Anzeige auf Medienberichte stütze, die möglicherweise falsch sein könnten.
Neutralität der Richter
Dass einem Richter die Vorlage von Presseartikeln ausreicht, um eine Anzeige gegen eine Person aus dem gegnerischen politischen Lager anzunehmen, ist das eigentliche Problem. Die Neutralität der Justiz ist nicht immer gewahrt, wenn von den Richtern bekannt ist, welche politische Einstellung sie vertreten. Oft werden sie genau deshalb berufen. So ändert sich die Zusammensetzung des Obersten Justizrats (CGPJ) je nach konservativer oder sozialistischer Regierung mit der entsprechenden Mehrheit. Die EU hat Spanien schon gerügt, aber geändert wurde das nicht.
Politische Instabilität abgewendet
Der Kampf gegen Verleumdung und politischen Sumpf muss dort ansetzen. Ohne politische Kultur, unabhängige Justiz und positive Energie lässt sich ein Land nicht regieren. Die Bevölkerung hat die Grabenkriege nicht verdient. Das lässt sich der Rede von Sánchez entnehmen.
Hätte der Regierungschef aufgegeben, wäre die Konsequenz schwere politische Instabilität gewesen. Das ist das letzte, was Spanien derzeit braucht. Im ganzen Land, auch auf Mallorca, haben Demonstranten Sánchez am Wochenende gebeten, das Handtuch nicht hinzuwerfen.
Kritik blieb nicht aus
Die ungewöhnliche Reaktion des Regierungschefs, der öffentlich zugibt, in seine Frau verliebt zu sein, ist aber auch stark kritisiert worden. Sich derart angreifbar zu zeigen, wäre einem Staatsmann nicht angemessen. Die von ihm durchgesetzte Amnestie der katalanischen Politiker sollten nun andere ausbaden oder ein Posten in Brüssel winke, waren nur einige Vorwürfe.
Sánchez hat schon viele ungewöhnliche Situationen gemeistert. So war auch diesmal mit allem zu rechnen. Deshalb waren die Tage spannend.