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Ibiza-Stadt

Editorial von Dieter Abholte: Wie ich es sehe…

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Der Chefredakteur von IbizaHEUTE schreibt über den oft gefährlichen Straßenverkehr, über teure Restaurants, die leer bleiben, und auch ein wenig über die 1970er Jahre mit den Paradies-Vögeln von damals…

Liebe Leser,

Dieter Abholte

haben Sie auch das Gefühl, dass die Insel schon ziemlich voll ist? Ich merke es vor allem an den Autos, wenn die Saison startet. Nicht nur, dass die Straßen voller und die Staus an den Kreisverkehren länger sind – ich merke es auch an den Fahrweisen. Da ordnen sich Fahrer links im Kreisverkehr ein, um schon an der nächsten Ausfahrt rechts auszuscheren. Egal, ob sie andere Autos schneiden und einen selbst zur Notbremsung zwingen. Wobei mir dann jedes Mal durch den Kopf geht: „Hoffentlich knallt der nächste Wagen nicht auf mich drauf!“ Ging bisher alles gut.

Abenteuerlich auch, wenn auf der schmalen Straße trotz durchgezogener Linie einem plötzlich ein Auto entgegenrast, dessen Fahrer noch schnell drei andere Wagen überholen muss. Ich bin weiß Gott kein Nationalist, aber oft sind es Italiener, die offensichtlich so beweisen müssen, dass sie echte Männer sind. Das ist leider gefährlich. Und mit den Touristen steigen auch in diesem Jahr wieder die Unfallzahlen. Meist sind die Unfallursachen zu schnelles Fahren, gefährliches Überholen, Handy am Ohr, Alkohol oder Drogen im Blut. Dabei bringt Rasen auf der kleinen Insel nichts. Am nächsten Kreisel ist der Schnellfahrer nur zwei Autos vor einem und im Stau steht er auch. Höchstens zwei Minuten gewonnen und fünf Unfälle riskiert…

Damit es nicht noch chaotischer wird, wenn die Saison anfängt, hat ja die Inselregierung die Zahl der Mietwagen und der Autos, die mit der Fähre kommen, beschränkt. Ohne Genehmigung bleiben die Autos in den Fährhäfen Barcelona, Denia oder Valencia stehen oder müssen mit Strafen auf Ibiza rechnen. Vielleicht hilft das ja. Ich bin da eher skeptisch. Aber das habe ich ja mehrfach geschrieben…

Wie schon erwähnt: Die Straßen werden voller, die Restaurants auch. Obwohl, da gibt es ein sehr unterschiedliches Bild: Während bei einer Reihe Restaurants Tische und Parkplätze voll sind, herrscht bei anderen – selbst am begehrten Strand – Leere. Da sind nur ein paar Tische besetzt. Die Kellner stehen herum und werden sich fragen: „Was passiert hier gerade? Wir waren doch sonst immer so voll, dass ohne Reservierung gar nichts lief!“

Vielleicht hilft da ein Blick auf die Karte mit den Preisen. Beim Steak für 65 Euro und dem Glas Wein für 25 Euro kehren Gäste schon beim Blick auf die Karte um. Oder sie schwören sich, wenn sie für ein Essen zu zweit 300 Euro oder mehr zahlen mussten: „Die sehen mich hier nicht mehr wieder.“

Dazu kommt, dass einige Gastwirte auf die falschen Gäste gesetzt haben. Statt die Stammgäste zu pflegen, die man ja auch in der Nebensaison dringend braucht, setzt man auf das Beuteschema: jung und reich! Sei es selbst verdient über Internet-Aktionen oder die teure Kreditkarte von Papa.

Diese Zielgruppe hat aber meist schon lange ihre In-Adressen, wo das geboten wird, was sie sucht: junges Publikum wie sie, heiße DJ-Musik und die Möglichkeit, aufzufallen. Etwa, wenn man die Badewanne voller Champagner-Flaschen bestellt. Die wird von vier Bikini-Girls zu einem bestimmten Song an den Tisch oder die Strandliege getragen, damit alle im Beachclub gleich wissen: Die lassen es aber krachen! Die Badewanne kostet dann mal eben ein paar Tausender. Man hat’s ja…

Solche Angeber gab es früher nicht! So werden einige unserer Leser mit langjähriger Ibiza-Erfahrung jetzt denken. Stimmt nicht ganz. Früher waren sie nur weniger – und es gab keine In-Adressen, wo man den Reichtum raushängen lassen konnte. Aber zeigen, was man hat, gab es auch schon zur Hippiezeit.

Ich erinnere mich an die 1970er Jahre, in denen einige Paradiesvögel ihre Show abzogen. Etwa wenn sie auf ihren Rennbooten – meist mit junger weiblicher Begleitung und mächtigem Wasserschweif (geht durch Verstellen der Antriebs-Schrauben) – Richtung Formentera düsten. Oder an das abendliche Ritual, wenn Krupp-Erbe Arndt von Bohlen und Halbach mit seiner Yacht in den Hafen einlief und sich bei der anschließenden Champagner-Party an Deck mit seinen Jünglingen (meist alle in Weiß) von den Touristen am Pier bestaunen ließ. Als ihm das dann doch mal zu viel wurde, fiel der Satz, der mich heute noch immer amüsiert: „Steward, möge er Kaviar auf den Pier schütten, damit der Pöbel ausrutsche…“

Übrigens, Arndt hätten als Erbe aus dem Kruppvermögen 2,5 bis 3,5 Milliarden zugestanden. Doch er verzichtete darauf und wählte eine jährliche Zahlung von mindestens 2 Millionen Mark, um sein Playboy-Leben zu finanzieren. Und so lebte er auch, finanzierte seine Yacht, seine Partys, seine Villen. Heute würde er damit gar nicht mehr auffallen. Denn die Mega-Yachten, die jetzt Ibizas Nobelhafen anlaufen oder im türkisfarbenen Wasser vor Formentera schaukeln, sind deutlich teurer als die Yachten von damals, und die Besitzer um etliches reicher, als es die Millionäre früher waren.

Verzeihen Sie mir den Ausflug in die Zeit der 1970er auf Ibiza. Es geht ja um hier und heute. Um die jetzt mit Hochdruck gestartete Saison. Um den Tourismus, den wir im Juli und August erwarten. Auch um die Preise. Wir haben immer mehr 5-Sterne-Hotels auf der Insel, immer mehr superteure Restaurants, Ich frage mich, wie sollen sie überleben? Gibt es wirklich so viele Leute, die 1000 Euro oder mehr für die Übernachtung ausgeben können und wollen? Gibt es wirklich so viele Besucher, die für das Abendessen im Restaurant ihre Kreditkarte mit 600, 800, 1000 oder mehr Euros belasten? Ich denke, da wird für so einige Restaurants die Luft eng.

Aber eigentlich ist das nicht mein Ding. Ich habe meine Restaurants, wo Leistung und Preise stimmen. Wir bringen solche Gastro-Adressen immer wieder hier auf IbizaHEUTE-Online und natürlich im Magazin IbizaHEUTE. Und wenn ich neue Restaurants entdecken will, fahre ich über Land und sehe mir die Parkplätze an. Sind sie ziemlich voll und haben die meisten Autos spanische Kennzeichen, dann bin ich dort vermutlich richtig. Und natürlich immer wichtig: Vorher auf die Speisekarte schauen!

Ich wünsche Ihnen frohe Pfingsten und wenn Sie auf Ibiza oder Formentera sind, tolle Erlebnisse. Und die gibt es in der preiswerten Strandbar genauso gut wie im teuren Beach-Club…

Herzlich, Ihr Dieter Abholte



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