Liebe Leser,

die Versprechungen waren groß, die Erwartungen auch! Ich spreche von den von der Politik versprochenen Maßnahmen gegen den Massen-Tourismus, der auf Ibiza – auf Mallorca ähnlich – die Inseln mit ihrer Natur und den Menschen belastet, die hier leben. Nun gibt es die ersten Schritte nach einer mühsamen Debatte im Parlament der Balearen, das auch für Ibiza zuständig ist. Schritt, habe ich gesagt? Nein, Schritte sehen anders aus. Es sind aus meiner Sicht der Dinge noch nicht einmal kleinste Mini-Schritte. Wir haben hier auf IbizaHEUTE-Online darüber berichtet. Vorgesehen ist Folgendes:
- Ab 1. Juni 2025 sollen Wohnmobile nicht mehr auf die Fähre auf Ibiza fahren dürfen, wenn Sie nicht nachweisen können, dass sie ihren Platz auf einem der Campingplätze reserviert haben.
- Ab 1. Juni 2025 dürfen auch keine Leihwagen mehr nach Ibiza transportiert werden.
Was für ein Erfolg! Und das meine ich in der Tat satirisch! Jetzt ist es ja nicht so, dass die Insel vor Wohnmobilen erstickt, sondern eher an der Zahl der Touristen, die jeden Tag zu Tausenden per Flugzeug hier landen. Und die Leihwagen-Firmen bringen dann halt vor dem 1. Juni ihre Flotten auf die Insel. Aber jedes andere Auto darf auch den ganzen Sommer über auf die Fähre und auf die Insel. Eigentlich hat Formentera vorgemacht, wie es gehen kann: In der Saison dürfen nur ein paar angemeldete Autos auf die Insel. Mehr nicht! Das funktioniert seit Jahren und schützt die kleine Insel und ihre Natur vor Kolonnen von Autos.
Im vergangenen Jahr hat sich Ibizas höchster Politiker, Inselrats-Präsident Vicent Marí, für eine ähnliche Lösung starkgemacht: Auf die Fähre nach Ibiza dürften nur Autos, die angemeldet sind – und die Zahl sei dann begrenzt. Aber aus dem großen Plan wird wohl nichts. „Der Berg kreißte und gebar eine Maus“ – viel Wirbel um nichts. Es ist wohl so, wie ich an dieser Stelle immer wieder geschrieben habe: Der Massen-Tourismus bringt Hunderte Millionen auf die Insel. Und wer will schon darauf verzichten? Die Hotels kaum. Die illegalen Vermieter noch weniger. Die heimischen Leihwagen-Firmen erst recht nicht. Denen kommt der Plan, fremde Rent-a-Car-Flotten von Ibiza fernzuhalten, noch gelegener. So können sie ihre Fahrzeugzahl erhöhen – und ihre Preise auch. Kleines Angebot, hohe Preise, so funktioniert freie Marktwirtschaft nun mal.
Ach ja, wenn man ein wenig hinter die Kulissen schaut, lebt auch die Mehrheit der Politiker vom Tourismus. Entweder haben sie eigene Hotels und Leihwagenfirmen, oder die Familie verdient damit ihr Geld. Wer sägt schon den eigenen (goldenen) Ast ab! Und wer legt sich schon mit den Fluggesellschaften an, die viele Tausend Passagiere jeden Tag auf die Insel fliegen? Passagiere, die Natur, Wasserreserven und Umwelt belasten, aber das große Geld in die Kassen der Tourismus-Branche spülen.
Natürlich könnte man darauf spekulieren, dass die unverschämt hohen Preise der Hotels, der Fluggesellschaften und vieler Restaurants in der Saison Urlauber abschrecken. Vielleicht klappt das bei einigen, die dann in die Türkei oder nach Griechenland ausweichen. Aber Ibizas Ruf ist einfach wie ein Magnet. Da muss man gewesen sein – egal, was es kostet –, um Freunden und Kollegen ein Selfie vom Meer oder dem Abend in einem der großen Clubs zu senden. Dafür spart man dann lieber das ganze Jahr, als darauf zu verzichten. Ein Selfie aus der Türkei ist dagegen trotz Hotel-Palast und tollem Strand nur zweite oder dritte Wahl oder wird verschämt erst gar nicht geschickt…
Ich könnte wetten, dass die Tourismus-Branche auf der Insel auch 2025 stolz den nächsten Besucher-Rekord verkünden kann: Wir haben so viele Touristen wie noch! Da helfen auch die jetzt angedachten kleinen Schritte nicht viel. Sie bringen meiner Meinung nach nichts und haben nur Alibi-Funktion.
Aber bis zur knallvollen Saison ist ja noch ein weites Stück hin. Genießen wir den einmaligen Herbst und dann den Winter auf Ibiza und Formentera. Da sind unsere Inseln wirklich so, wie sie vor 50 Jahren waren. Ich liebe diese Zeit der Ruhe, der Schönheit des Meeres und der Natur. Und ich freue mich, in der ruhigen Zeit wieder Menschen zu treffen, die mir viel bedeuten – und wo in der Saison kaum Zeit dafür war. Wir haben die Inseln und ihre Einmaligkeit wieder – zumindest bis zur nächsten Saison. Genießen wir es.
Herzlichst, Ihr Dieter Abholte