25 C
Ibiza-Stadt

Report: Skandal um Corona-Masken trifft Balearen hart

Es war eine Frage der Zeit, bis auch in Spanien ein Skandal auffliegt, der mit dem eiligst organisierten Gesichtsschutz zu Beginn der Pandemie zu tun hat. Beziehungsweise mit den Millionen, die Berater, Beschaffer und windige Burschen daran verdienten. Da haben sich überall auf der Welt Regierungen als anfällig erwiesen. Warum die Balearen eine Schlüsselrolle im spanischen Skandal spielen, berichtet Clementine Kügler.

Der „Fall Koldo“

Der Skandal um den Gesichtsschutz hat in Spanien zu Verhaftungen und zum Niederlegen des Mandats eines früheren Ministers geführt. José Luis Ábalos war 2020 Verkehrsminister. Einer seiner Berater, Koldo García Izaguirre, gilt inzwischen als Organisator eines Netzes, das dank seiner Kontakte Gesichtsmasken an spanische Regionen und öffentliche Firmen verkaufte. Deshalb wird in Spanien vom „Caso Koldo“ (Koldo-Fall) gesprochen.

Ábalos war im Juli 2021 von Sánchez abgesetzt worden. Über die Gründe spekulieren die Medien. Er weigerte sich im Februar 2024, nach Bekanntwerden des Koldo-Falls, sein Mandat niederzulegen, tat es dann doch. Sánchez duldet keine Korruption, obwohl Ábalos seine Unschuld beteuert.

Kontakte zur Regierung

In Alicante wurden Koldo García und 18 weitere Personen verhaftet. Sie alle werden verdächtigt, sich an dem Deal bereichert zu haben, und sie belieferten auch die Balearen. Koldo war ursprünglich Türsteher in einem Bordell in Navarra gewesen, dann Fahrer im Verkehrsministerium in Madrid, wie die „Mallorca Zeitung“ berichtet. Dort ist er vertrauter Berater von Ábalos, „dem Mann fürs Grobe der PSOE“ geworden und wurde blitzschnell befördert. Nach dem skrupellosen Geschäft mit den Masken, bei der die vermittelte Firma „Soluciones de gestión“ 54 Millionen Euro Umsatz machte, kaufte er über Mittelsmänner drei Immobilien in Benidorm.

Francina Armengol unter Beschuss

Der Ex-Minister ist von der Sozialistischen Partei nicht gestützt worden, Francina Armengol, die ehemalige balearische Ministerpräsidentin, wird hingegen noch verteidigt. Aber die Lage ist kompliziert. Immerhin bekleidet Armengol als jetzige Parlamentspräsidentin das dritthöchste Amt im Staat. Nicht nur die Opposition erwartet makelloses Verhalten. Andererseits hat ihre Regierung vermutlich versagt, da sie den Kauf von ungeeignetem Material nicht anzeigte, offensichtlich aber darum wusste.

Die konservative Volkspartei (PP) hat am Montag offiziell um den Rücktritt der Parlamentspräsidentin ersucht, sie dürfe nicht länger das hohe Amt bekleiden, zu dem sie ohnehin nicht taugte, so Fraktionssprecher Miguel Tellado.

Francina Armengol bekleidet als Parlamentspräsidentin das dritthöchste Amt in Spanien.. Foto: PSOE/X

Verteidigung der Parlamentspräsidentin

Armengol verteidigte sich am Dienstag im Parlament. Sie habe von niemandem „Empfehlungen“ erhalten, um die Masken zu erwerben. Die Abwicklung erfolgte über das Gesundheitswesen. Im April 2020 suchten alle händeringend nach Masken. Viele Angebote gingen ein. 3,7 Millionen Euro stellte Armengols Regierung dafür bereit. Eile war geboten. Es ging schließlich um den Schutz von Menschenleben.

Opfer oder Mitwisserin?

Die Regierung zahlte die Lieferung, obwohl klar war, dass viele der Masken nicht sanitären Zwecken dienten, für die sie eigentlich gedacht waren. Vor zwei Wochen flog der Skandal auf und Armengol stellt sich seitdem als Opfer dar. Während die Opposition behauptet, das war sie nicht, sondern notwendigerweise Mitwisserin, stellt auch die balearische PSIB-PSOE klar, die Abwicklung übernahm das Gesundheitswesen IB-Salut. Wer das Gegenteil behauptet, fantasiert wirr“, sprach der sozialistische Fraktionssprecher Iago Negueruela.

Ein Teil der Masken waren nicht FFP2, wie bestellt, sondern KN95 und boten weniger Schutz. Sie waren nicht schadhaft, sondern für den Hausgebrauch ausreichend, rechtfertigen Armengol und Negueruela die Zahlung der Lieferung. Angesichts der Knappheit hätten auch andere Regionen solchen Mund-Nase-Schutz für sanitäre Zwecke genutzt.

Der frühere Tourismusminister Iago Negueruela verteidigt Armengol heute als Fraktionssprecher. Foto: GOIB

Lagunen bleiben

Armengols Erklärungen hinterlassen Lagunen. Sie klärte am Dienstag nicht, wer ihrer Regierung die Firma „Soluciones de gestión“ empfahl, weshalb sie die Rechnung ungewöhnlich schnell bezahlte, die Masken drei Jahre lang im Lager blieben und eine Reklamation über 2,6 Millionen Euro just zum Regierungswechsel erfolgte. Die Sozialisten hatten die Regionalwahlen verloren und Armengol gab ihr Amt im Juni 2023 an Marga Prohens ab.

Staatsanwälte der EU ermitteln

Inzwischen ermittelt auch die Staatsanwaltschaft der EU in Luxembourg. Die Kanaren und die Balearen hatten für den Kauf von Gesichtsmasken 2020 die europäischen Feder-Fonds bemüht. Die Staatsanwaltschaft muss untersuchen, ob es sich um Veruntreuung öffentlicher Gelder, Pflichtverletzung und Vetternwirtschaft handeln könnte.

Ob Balearen und Kanaren mit ihren Masken-Bestellungen öffentliche Gelder veruntreuten, ermittelt auch die EU. Foto: pixabay

Sozialisten unter Druck

Für Sánchez ist der Koldo-Fall noch lange nicht vorbei. Sollten weitere sozialistische Abgeordnete ihr Mandat niederlegen müssen, bleibt die Minderheitsregierung, die auf jede Stimme angewiesen ist, bei Abstimmungen schwer angeschlagen.

Madrids Fall mit Konsequenzen

Übrigens ist der vorherige Chef der konservativen PP, Pablo Casado, über einen Betrug mit Masken in Madrid gestolpert. Er hatte damit eigentlich nichts zu tun, kam aber der ehrgeizigen Madrider Ministerpräsidentin Isabel Ayuso in die Quere. Deren Bruder hatte für die Vermittlung von sanitärem Material 234.000 Euro kassiert, wurde juristisch aber nicht belangt. Casado kritisierte die Rolle des Bruders und wurde von Ayuso aus dem Feld geschlagen. Seine Nachfolge trat im April 2022 Alberto Núñez Feijóo an, der nun schweres Geschütz gegen Sánchez und Armengol auffährt.

Auch interessant?

Aktuelles E-Paper

E-Paper IbizaHEUTE Juli 2025
  • IbizaHEUTE-Exklusiv: Urige Strand-Bars, 10 tolle Insel-Tipps
  • IbizaHEUTE-Report: Wenn Okupas das Haus besetzen
  • IbizaHEUTE-Lifestyle: Ibiza-Mode, Tapas, Casita del Mar
Jetzt abonnieren

Events & Termine

Zu allen Events