Wer glaubte, die Demonstrationen gegen den Massentourismus vom vergangenen Sommer seien eine Eintagsfliege gewesen, wurde am Sonntag eines Besseren belehrt. Verschiedene Kollektive luden zur ersten Großveranstaltung des Sommers 2025.
Kaum kommt die Hochsaison in Schwung, weht den Urlaubsgästen aus nah und fern bereits frischer Gegenwind ins Gesicht. Auf Ibiza gingen am Sonntag übereinstimmenden Medienberichten zufolge rund 500 Menschen gegen den Massentourismus auf die Straße. Dabei handelte es sich längst nicht um den einzigen Protestmarsch am Mittelmeer. Zeitgleich machten auch Menschen in spanischen, italienischen und portugiesischen Städten ihrem Unmut Luft.
Ins Leben gerufen wurde die Demonstration von der Bürgerinitiative Canviem el Rumb (Lasst uns den Kurs ändern). Sie führte durch Eivissas Stadtzentrum zur Plaza de sa Graduada. Mit Transparenten und Sprechchören wie „Airbnb, raus hier“, „Wir wollen keine Betoninsel“ oder „Wir wollen unsere Miete bezahlen können“ machten die Teilnehmer lautstark deutlich, um was es ihnen geht. Mitorganisatorin Anaïs Palomar von der Umweltschutzgruppe GEN-GOB sprach von einem „entindustrialisierten und touristifizierten“ Süden Europas, der „alle möglichen Grenzen überschritten“ habe.
Monokultur Tourismus würge den Mietmarkt ab
Unter dem Motto Für ein würdiges Leben prangerte das breite Bündnis aus Mietervereinen, Umweltgruppen, feministischen Organisationen und Gewerkschaften die Auswüchse der „touristischen Monokultur“ an. Besonders drastisch zeige sich die Wohnungsnot: Die Aktivisten fordern eine Halbierung der Mietpreise und unbefristete Mietverträge. Viele Einheimische hätten die Insel bereits verlassen müssen, weil sie sich die exorbitanten Mieten nicht mehr leisten könnten.
Scharfe Kritik übten die Demonstranten auch an der Wasserpolitik der balearischen Landesregierung. Während öffentliche Brunnen in der Altstadt abgestellt würden, versorgten Villenbesitzer ihre „riesigen Pools und tropischen Gärten“ mit angeliefertem Nass aus Tankwagen. „Und Bauernhöfe wissen nicht mehr, wie sie ihre Felder bewässern sollen“, heißt es im Manifest der Bewegung. Entsalzungsanlagen, von denen es auf Ibiza bereits drei gibt und eine vierte in Planung ist, seien nicht die Lösung. Denn deren Betrieb sei nicht nur unwirtschaftlich. Auch sage niemand, was mit der giftigen Salzlauge geschehe, die das Potenzial habe, Meeresböden und Seegraswiesen zu zerstören.
Kritik an Arbeitsbedingungen in der Hotellerie
Und dann ging es noch um die laufenden Tarifverhandlungen in der Hotellerie. Die Demonstranten solidarisierten sich mit den Beschäftigten des Sektors, wobei es nicht alleine ums Geld ging. Unbezahlte Überstunden, betrügerische Verträge und marathonähnliche Arbeitsschichten seien an der Tagesordnung. Besonders betroffen seien Frauen in schlecht bezahlten Jobs als Zimmermädchen, in Wäschereien oder als Supermarkt-Angestellte.
Die erstmals öffentlich auftretende Jugendorganisation Associació de Joves d’Ibiza brachte die Frustration der jungen Generation auf den Punkt: „Wir sind diejenigen, die die Folgen des heutigen Massentourismus erben werden. Wir wollen leben und nicht überleben!“ Der Protestmarsch endete mit einem Konzert der Musikgruppe Pep Còsmic, deren Lied „Així no es pot viure“ (So kann man nicht leben) längst zum inoffiziellen Protestsong der Anti-Tourismus-Bewegung auf den Balearen geworden ist.
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