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Ibiza-Stadt

Editorial von Dieter Abholte: Wie ich es sehe…

Liebe Leser,

Dieter Abholte

ich wünsche Ihnen einen schönen dritten Advent. Ich habe eben mit Freunden in Deutschland telefoniert. Das gehört für mich zum Sonntag. Die Frage eines Freundes. „Bei dir kann doch eigentlich keine weihnachtliche Stimmung aufkommen. Sonne, Palmen, das glitzernde Meer. Fehlt dir nicht der Schnee, der Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt?“

Ich muss zugeben, es fehlt mir manchmal schon, wenigstens ein wenig. Aber Schnee zu Weihnachten in meiner Heimatstadt ist eher selten, Schmuddelwetter dagegen fast die Regel. Und dabei macht auch der schönste Weihnachtsmarkt eher keinen Spaß. Aber ich bin über Weihnachten und Silvester in Deutschland, dann genieße ich das, was ich hier vermisse. Irgendwie hängt man an alten Traditionen. Bei mir ist es der besondere Weihnachtsmarkt in der romantischen Altstadt von Lübeck. Das Glas Glühwein mit Freunden und der Familie, die Rentier-Wurst vom Grill – das gehört dazu, wie die klammen Hände und kalten Ohren, an einem frostigen Abend. Es würde mir fehlen.

Dabei kann auch die Adventzeit auf Ibiza wunderschön sein. Die Rathäuser der fünf Gemeinden Eivissa, Santa Eulària, Sant Antoni, Sant Josep und Sant Joan tun viel für eine schöne und romantische Weihnachtszeit. Wenn die Sonne untergeht, und das ist hier erst um 17.30 Uhr, sind die Weihnachtsmärkte (fast) so romantisch wie in Deutschland oder Österreich.

Mit leuchtenden Augen stehen die Kinder vor den bunten Ständen, versammeln sich die Erwachsenen an den Buden mit Essen und Wein. Und wenn es dabei, wie heute Abend, unter 10 Grad kalt ist, dann ist der Unterschied zu Deutschland gar nicht mal so groß.

Dazu gibt es in der Weihnachtszeit viele hochkarätige Musik-Konzerte, ergreifende Gottesdienste in den kleinen geschmückten Dorfkirchen oder zum Kerzenlicht in der Kathedrale. Sie lesen die Termine täglich in IbizaHEUTE-Online (www.ibiza-heute.de). Ich habe sogar das Gefühl, die Gemeinden tun mehr für eine romantische Weihnachtszeit als etwa meine Gemeinde an der Elbe in Hamburg. Santa Eulària hat den Wettbewerb für die schönsten geschmückten Fenster der Geschäfte, das Konzert der Musikschule unter dem Weihnachtsbaum vor dem kleinen Rathaus, das Singen des Kinderchors zum Advent. In den anderen Gemeinden und der Insel-Hauptstadt ist es ähnlich.

Natürlich sind Ibiza und Formentera in der Adventzeit ein echtes Kontrastprogramm: mittags mit Freunden im T-Shirt und beim Wein in einem der noch offenen Restaurants am Strand, abends mit dicker Jacke und Schal auf dem Weihnachtsmarkt. Hat aber auch was…

Gleich eine, wie ich finde, gute Meldung, die in die friedliche Weihnachtszeit passt. Die über 100 Jahre alte Tradition-Bar „Can Jordi“, bleibt nun doch geöffnet. Ich hatte in meinem Editorial in der vergangenen Woche darüber geschrieben: Weil angeblich keine Genehmigung für die Musik vorlag, die es seit gefühlt 30 Jahren gibt, dazu noch gegen Auflagen verstoßen worden sei, sollte die Bar schließen. Der Beschluss wurde von Vincent Roig, dem Bürgermeister von Sant Josep, unterzeichnet. Vom Oberhaupt der Gemeinde, die noch vor wenigen Jahren „Can Jordi“ als besonderes Kulturgut der Insel gefeiert hatte.

Der Protest gegen den Beschluss und das Rathaus ließ nicht lange auf sich warten. Die Menschen schrieben ihre Empörung gegen den Schließungs-Beschluss in den sozialen Medien, auch auf unserer Facebook-Gruppe „IbizaHEUTE Residenten & Urlauber“. Dazu erhielt das Rathaus eine Menge von E-Mails mit nicht gerade freundlichem Inhalt. Der Druck wurde so stark, dass der Bürgermeister eine Kehrtwendung um 180 Grad machte. Jetzt sagt Vincent Roig: „Ich bin stolz darauf, ein Lokal wie Can Jordi in unserer Gemeinde zu haben. Tausende Mensch haben sich gegen eine Schließung gewandt. In Zukunft muss aber gewährleistet sein, dass alle behördlichen Vorgaben, inklusive der Sicherheitsvorschriften, beachtet werden.“

Nun fallen solche Drehungen und Kehrtwendungen Politikern nicht schwer, das ist in Spanien kaum anders als in Deutschland, doch hier zeigt es: Welche Macht der normale Bürger auf einer kleinen Insel wie Ibiza oder Formentera hat. Und das bekommen die Politiker wie Bürgermeister hautnah zu spüren.

Hier kann sich kein Politiker hinter Leibwächtern, Sicherheitspersonal und gepanzerten Auto-Scheiben verstecken. Hier sind die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ganz normale Menschen in ihrer Gemeinde. Sie gehen zum Kaffee oder Mittagessen in die Bar, sie kaufen normal in den Geschäften ein, treffen beim Gang nach Hause auf die anderen Menschen der Gemeinde. Und sie müssen sich anhören, was die Bürger von ihrer Politik halten. Da mussten sich Vincent Roig und seine Ratsherrn wohl eine Menge anhören. Und weil man auf Ibiza auch den Bürgermeister nicht mit „Señor Bürgermeister“, sondern schlicht mit Vincent anredet, fällt Kritik auch deftiger aus.

Ich liebe genau diese direkte Art der Demokratie. Da kann sich kein Politiker verstecken. Natürlich setzt das friedliche Menschen voraus und keine Chaoten oder Terroristen, mit denen Europa anderswo zu kämpfen hat. Auf Ibiza lebt man (jetzt und hoffentlich noch sehr lange) friedlich nebeneinander. Ganz gleich, ob Christ, Moslem, Buddhist oder Atheist. Hier ruft keiner der aus Marokko oder Tunesien zugereisten Moslems ein Kalifat aus, sondern ist friedlich und freundlich ein Teil der Gemeinschaft.

Und das passt doch bestens vom Gedanken an friedliche Weihnachten. Das werden wir auf Ibiza und Formentera erleben. Ich hoffe, wir alle erleben eine friedliche und besinnliche Weihnachtszeit, wo immer wir auch sind.

Herzlichst, Ihr Dieter Abholte



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