Sie sind ein Schatz, den Ibiza und die anderen balearischen Inseln da haben. Einer, der alle Weinfreunde aufhorchen lässt: die einheimischen Rebsorten nämlich auf Ibiza und Mallorca. Jetzt hat das balearische Landwirtschaftsministerium ein Verzeichnis herausgebracht, das Beachtliches hervorbringt.
In Zusammenarbeit mit Experten des Instituts für Forschung und Ausbildung im Bereich Agrar- und Ernährungswirtschaft und Fischerei (IRFAP) nämlich haben Rosa Pascual und Antoni Puig die Rebsorten zusammengetragen, die seit 1787 auf den Balearen angebaut und schriftlich erwähnt wurden – mithin seit über 230 Jahren.
Von Mollar und Momona
Das Ergebnis: 123 verschiedene Traubensorten sind in dieser Zeit schriftlich dokumentiert. Besonders praktisch: Dabei sind die Synonyme der einzelnen Arten ebenso erfasst wie die Gemeinden, in denen sie kultiviert wurden. Ein Meilenstein für Weininteressierte – dieser Überblick. Die erwähnten Reben haben Namen wie Pampol Rodat oder Mollar, Girons oder Momona.
Und auch die vor einiger Zeit wiederentdeckte weiße Traube Malvasía de Banyalbufar aus dem gleichnamigen Ort auf Mallorca ist dort zu finden, aus der nach einem jahrelang dauernden Prozess von der Entdeckung über die Vermehrung via Klone bis hin zur Zulassung mittlerweile wieder herrliche Weißweine an der Westküste gekeltert werden.
178 Publikationen durchforstet
Pascual und Puig haben für das Werk „Els noms de les varietats de raïm a les Illes Balears. Recull de mencions publicades des del 1787“ ganze Arbeit geleistet. Schließlich haben sie 178 Publikationen in Archiven und Bibliotheken unter die Lupe genommen.
Alle, die auf Ibiza und den Schwesterinseln sich intensiv um den Erhalt der alten Rebsorten kümmern, wird dieses Kompendium ein Lächeln in das Gesicht zaubern. Denn: Vor dem Wiederanbau alter, einheimischer Rebsorten ist dem Landwirtschaftsministerium ein Gutachten über die betreffende Sorte vorzulegen. Darin muss unter anderem auch ihr Alter anhand historischer Aufzeichnungen dargelegt werden. Dazu waren bisher immer äußerst aufwendige Recherchen in den Archiven notwendig.
Reben als kulturelles Erbe
„Die Genehmigung für den Wiederanbau einer alten Rebsorte ist auf den Balearen kein leichtes Unterfangen“, sagt denn auch Georgina Brunet, Leiterin des IRFAP. An ihrem Institut arbeiten die Experten seit Jahren an der Erforschung eben solcher alten Rebsorten. „Unsere Recherchen zeigen die biologische Vielfalt auf den Inseln“, betont Brunet. „Diese Rebsorten gehören zu unserem kulturellen Erbe. Diesen Pflanzenreichtum gilt es hüten und die Rebsorten auch den Weinbauern zur Verfügung zu stellen, damit daraus gekelterte Weine wieder auf den Markt kommen.“
Der Wiederanbau einheimischer Rebsorten, die auf Ibiza und seinen Schwesterinseln in Vergessenheit geraten waren, dürfte mit dieser offiziellen Publikation nun ein Stück einfacher geworden sein. Mehr noch: Das IRFAP lagert in seiner Keimplasmabank auf dem Landgut Sa Granja in Esporles unter optimalen Bedingungen mehr als vierzig autochthone Rebsorten mit Geschichte.
Die Balearen im Glas
Brunet und ihre Kollegen setzen sich unter anderem dafür ein, dass die weißen Sorten Argamussa, Griego, Morsecà und Coanegra sowie die rote Sorte Llora in den nächsten Jahren wieder zum Anbau auf den Inseln zugelassen werden. Spannende Zeiten also für alle Liebhaber guter balearischer Tropfen. Denn vielleicht leuchten schon in nicht allzu ferner Zukunft wieder Rebsäfte aus alten autochthonen Reben im Glas, die lange im Dornröschenschlaf versunken waren. Und die ein einzigartiges Weinerlebnis bieten.