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Ibiza-Stadt

Editorial von Dieter Abholte: Wie ich es sehe…

Liebe Leser,

Dieter Abholte

vor ein paar Tagen habe ich mich mit Bekannten aus Deutschland in ihrem Hotel an der Talamanca getroffen, mit einem Ehepaar aus Hamburg. Nachbarn sind wir. Das Glas Cava auf der Hotelterrasse mit Blick über die Bucht auf die mächtigen Mauern von Dalt Vila. Gespräche über den vielen Regen in Deutschland, über das tolle Wetter auf Ibiza, dazu das Thema Job in Hamburg, unser Magazin auf Ibiza. Halt das, was man so redet, wenn man sich viele Monate nicht gesehen hat.

Plötzlich der Satz der Nachbarin an ihren Mann. „Ich muss nachher im Hotel mal nachfragen, ob es hier einen Volkstanz-Abend gibt oder etwas Ähnliches!“ Als sie mein erstauntes Gesicht sah, schob sie nach: „Das gibt es doch in allen Urlaubsorten, so etwas mit Tradition.“

Ich war erst einmal geplättet und erinnerte mich dann an Besuche in Oberbayern, wo sich abends auf der Hotelbühne die Schuhplattler auf die Lederhosen klopften und mutige Touristen versuchten, da mitzumachen – was so peinlich wie lustig war. Verstehen Sie mich jetzt nicht falsch, liebe Leser, das ist nicht despektierlich gemeint. Ich finde Tradition wichtig und richtig. Ganz gleich, ob die bayerische Blaskapelle oder der norddeutsche Shantychor im Fischerhemd. Aber Tradition als Hotel-Vorstellung hier auf Ibiza?

Auf Ibiza wird Tradition gelebt – nicht für Touristen vorgeführt. Hier gehören die alten Volkstänze zu jedem Patronatsfest. Und weil jeder Ort seinen eigenen Schutzheiligen feiert, haben wir auf Ibiza fast jede Woche solch eine Fiesta. Dabei erlebt man, dass die Ibicencos wirklich feiern können. Nicht nur einen Tag. Eine Woche muss Fiesta sein – mindestens. Es kann auch locker einen ganzen Monat dauern wie in Santa Eulària, in Sant Antoni oder Sant Josep. Zusätzlich gibt es jede Woche eine Menge weitere Events und Veranstaltungen. Das gilt nicht nur für Ibiza, auf Formentera ist es ähnlich. Für mich ist es gefühlt so, als würde auf unseren Inseln mehr los sein als in meiner Heimatstadt Hamburg. Mag sein, dass ich es auf unserer kleinen Insel intensiver empfinde, weil wir ja hautnah dabei sind.

Ich habe mir eben einmal die Veranstaltungen für dieses Wochenende und die der vergangenen Tage angesehen, die wir auf unserem Online-Portal von IbizaHEUTE (ibiza-heute.de) veröffentlicht haben. Hier sind sie: Flamenco-Festival in Sant Josep! Sommerfest und Vernissage im Espacio Micus! Modenschau im Hotel ME! Gleich vier Eröffnungen von Kunstausstellungen in Jesús und Dalt Vila. Das Patronatsfest in Es Canar, das gestern anfing – und mit zahlreichen Veranstaltungen gleich die ganze Woche lang. Dazu Live-Konzerte in verschiedenen Gemeinden. Die bunten Märkte in Las Dalias, Sant Josep, Sant Joan, der Hippiemarkt in Es Canar – natürlich auf jedem Markt Live-Musik und bunte Programme. Auch auf Ibizas kleiner Schwester Formentera wird an jedem Wochenende irgendwo gefeiert.

Das ganz Besondere ist für mich: Bei den Fiestas ist man nicht außenstehender Beobachter, ist nicht der Fremde. Egal, ob man auf der Insel länger lebt oder als Tourist nur für ein paar Tage hier ist: Man fühlt sich von den Ibicencos sofort aufgenommen, ist willkommen. Der Mann mit der Weinflasche füllt Ihnen den Becher Rotwein, die Bäckerin reicht Ihnen das Schmalzgebäck, der Mann an der riesigen Paella-Pfanne versorgt Sie mit der köstlichen Paella. So selbstverständlich, als seien Sie ein Nachbar oder ein Freund. „Für uns ist jeder Gast, der die Insel liebt und unsere Tradition achtet, ein Freund“, hat mir Inselratspräsident Vicent Marí einmal gesagt. Wobei sich das Wort Freund natürlich mehr auf die Gastfreundschaft bezieht als auf echte Freundschaft. Die auf Ibiza zu erreichen ist selbst für Ausländer schwierig, die lange hier leben. Die Ibicencos und ihre Familien bleiben meist unter sich.

Was ich aber mit diesem Bericht sagen will, ist: Auf Ibiza benötigt man keine Show für Touristen in den Hotels als Erinnerung an die Tradition. Hier lebt man die Tradition – so wie vor Jahrhunderten und unbeeinflusst vom anderen Gesicht der Insel, mit den teuren Beachclubs, den 5-Sterne-Hotels, den riesigen Nacht-Clubs, wo Nacht für Nacht Tausende feiern. Auch unabhängig von Milliardärs-Yachten in den Yachthäfen, den teuren Boutiquen, der Designer-Mode. Natürlich ist das auch Ibiza. Das Ibiza, was in die Schlagzeilen der Klatschpresse und der Fernsehsender gerät und das Image der Insel immer weiter prägt. Ein Image, was so nicht stimmt.

Die richtige Insel und ihre Menschen erlebt man, wenn man da ist, wo die Ibicencos feiern. Hier ist sie, die Seele der Insel. Luxushotels und tolle Strände gibt es an vielen Orten der Welt. Und viele dieser Orte haben durch den Tourismus und die Milliarden, die damit verdient werden, ihre Einmaligkeit und ihre Seele verloren. Bei unseren Inseln sehe ich diese Gefahr nicht. „Ibiza ist und bleibt eine Piraten-Insel. Die nehmen unser Geld, aber lassen sich nicht kaufen“, hat ein Bekannter letztens scherzhaft gesagt. Ein Stück weit stimmt es, zumindest, wenn man, wie er, vorwiegend in teuren Beachclubs und In-Restaurants isst – und noch nie an einem Tisch in einem echt spanischen Restaurant die Spezialitäten der Insel genossen hat. Geschweige jemals den einfachen Bauernwein und die Paella aus der Pfanne bei einer Fiesta gekostet hat.

Er kennt die Insel nicht wirklich. Er kennt nur die aus der Klatschpresse, aus den TV-Berichten und aus seinem Kreis der Beachclubs und In-Restaurants. Wenn Sie aber das andere, das wahre Ibiza kennenlernen möchten, gehen Sie auf Entdeckungsreise. Mit den Fiestas wie jetzt in Es Canar können Sie anfangen. Informationen über Events und Fiestas finden Sie ja hier auf unseren IbizaHEUTE-Seiten. Übrigens, meine Bekannten aus Hamburg haben die Insel so entdeckt, sind begeistert und haben mir gemailt: „Jetzt verstehen wir, weshalb du hier lebst und auf der Insel glücklich bist. Wir kommen wieder, versprochen …“

Herzlichst Ihr, Dieter Abholte



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